Haftungsverteilung beim Linksabbieger-Überholfall
Mitgeteilt von Rechtsanwalt Speer
Beim Linksabbiegen kommt es im Straßenverkehr häufig zu Verkehrsunfällen. Wer abbiegen will muss dies rechtzeitig und deutlich ankündigen und dabei den Fahrtrichtungsanzeiger („Blinker“) benutzen. Der Längsverkehr hat Vorrang.
Häufig konzentrieren sich Fahrzeugführer auf den Blick nach vorn und biegen ab, sobald sich von dort keine Fahrzeuge mehr nähern. Es gibt jedoch auch eine Pflicht zur Rückschau wegen des rückwärtigen Längsverkehrs! Häufig kommt es zu den sogenannten Linksabbieger-Überholunfällen. Der Linksabbieger beginnt den Abbiegevorgang und ein anderer Fahrzeugführer versucht ihn (links) zu überholen und es kommt zu einem Unfall. Das OLG Koblenz hatte einen derartigen Fall zu entscheiden. Die Fahrbahn war 3.30m breit, rechts durch einen Bordstein und links durch eine Verkehrsinsel begrenzt. Es kam zu einem Verkehrsunfall, nachdem der vorausfahrende Fahrzeugführer rechtzeitig vor Einleitung des Abbiegevorgangs durch setzen des linken Fahrzeugrichtungsanzeigers (des Blinkers) und einer linksorientierten Fahrweise und unter Reduzierung der Geschwindigkeit seines Fahrzeuges die Abbiegeabsicht erkennbar kundgetan hatte, während ein mit ca. 50 km/h nachfolgendes Leichtkraftrad ungebremst noch vor dem Ende der Verkehrsinsel gleichwohl zu einem Überholvorgang ansetzte. Das OLG sah in diesem Fall allein die Verstöße des Motorradfahrers gegen §§ 5 Abs. 7 S.1, 3 Abs. 1 StVO als unfallursächlich an.
Zu beachten ist jedoch, dass in den meisten Fallkonstellationen auch eine erhebliche Mithaftung des Linksabbiegenden von den Gerichten festgestellt wird, weil beim Linksabbiegen auch eine Rückschau auf den Längsverkehr vorgenommen werden muss.
OLG Koblenz, Urt. v. 29.1.2020 – 17 U 586/19