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Multi-Risk-Versicherung

Mitgeteilt von Ehemalige

Versicherungsschutz im Baubereich

In der versicherungsrechtlichen Diskussion steht derzeit (Stand Frühjahr 2013) der Sinn und Nutzen von sog. „Muti-Risk-Versicherungen“ im Baubereich. Der Verfasser ist eigentlich der Ansicht, dass bei Nahme einer Multi-Risk-Versicherung die Vorteile bei weitem die Nachteile aufwiegen, weshalb diese weitergehende Beachtung finden sollte. Jedoch hat jede Medaille bekanntlich zwei Seiten und die dem Verfasser augenfällig gewordenen Nachteile – der bislang am Markt angebotenen Produkte – waren Gegenstand nachfolgender – im Rahmen eines Kurzreferates sowie einer Podiumsdiskussion auf dem 4. Deutschen Baugerichtstag (2012) – Thesen.

Können ganzheitliche Ansätze der Versicherungswirtschaft durch gebündelte Versicherungen (Multi-Risk-Versicherungen) dazu beitragen, Baustreitigkeiten zu vermeiden und schneller als bisher zufriedenstellenden Lösungen zuzuführen?

Thesen zur Contra-Position

Durch objektbezogene Multi-Risk-Versicherungen

• entstehen zwangsläufig Doppelversicherungen, da die Baubeteiligten in der Regel bereits eigenständigen Versicherungsschutz unterhalten. Bei Versicherung des selben Interesses gegen die selbe Gefahr kann es daher z. B. zu verzögertem Regulierungsverhalten der Versicherer und Streit (wechselseitige Verweisung) oder einem Verstoß gegen das Bereicherungsverbot (im Bereich der Schadenversicherung) kommen. Ferner kann es zu nicht harmonisierten Versicherungsschutz aufgrund unterschiedlicher z. B. Bedingungen bei Ausschlüssen, Versicherungswerten, Entschädigungsberechnungen, versicherten Kosten etc. kommen, wodurch Folgestreitigkeiten entstehen können, soweit ein Mitversicherter auf Versicherungsschutz vertraute. Mehrkosten (Prämien) könnten zudem die Marktakzeptanz erschweren.

• entstehen Pflichten, Haftungsgefahren und Interessenkollisionen aufgrund der Versicherung (auch) fremder Interessen. Da Dritte und (auch) deren Interessen sowie die daraus folgenden Gefahren in einer objektbezogenen gebündelten Multi-Risk-Versicherung mitversichert sind, kann z. B. ein auf Versicherungsschutz Vertrauender bei z. B. einer Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers ohne Versicherungsschutz stehen oder aufgrund einer ungenügenden Geltendmachung durch den Versicherungsnehmer bei der Durchsetzung eines Anspruchs scheitern, mit der Folge einer Inregressnahme des Versicherungsnehmers.

• steigt die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Schadens, wodurch die Bereitschaft von Versicherern sinkt, derartige Risiken im mittleren und kleineren Objektbereich in Deckung zu nehmen. Die Gefahren verschiedener Risiken verwirklichen sich in der Regel mit unterschiedlicher Wahrscheinlichkeit. Ein in jeder Hinsicht mangelfreier Bau ist selten, weshalb vermehrt Schadensrückstellungen zu bilden sein werden.

• steigt das Volumen der zu regulierenden Versicherungsleistungen infolge veränderter Parteistellung / Passivlegitimation, was zu höheren Prämien und Selbstbehalten führt. Aus der forensischen Tätigkeit ist bekannt, dass eine Zuordnung der Verantwortlichkeit für Mängel nicht immer einfach ist. Infolge dessen gerade bei Baurechtsstreitigkeiten häufig darum gestritten wird, ob der Richtige in Anspruch genommen wurde, Streitverkündungen zur Wahrung solcher Ansprüche oder zur Vorbereitung von Innenregressen ausgebracht werden. Es kommt daher regelmäßig zur Befriedung mittels Teilvergleichen, weshalb Versicherer häufig geringe Regulierungsleistungen erbringen.

• werden aufgrund des hohen Schadenbedarfs verhältnismäßig hohe Versicherungsprämien erforderlich, deren Umlage auf bzw. Übernahme von Baubeteiligten oder Bauherren auf Ablehnung treffen dürfte. Der Versicherungsnehmer wird bemüht sein prämienbedingte Mehraufwendungen an den Auftraggeber bzw. mitversicherte Baubeteiligte weiterzugeben, wobei die Umlage dieser Kosten sich danach richten wird, mit welcher Marktmacht der Versicherungsnehmer welchem Beteiligten gegenübersteht. Dies kann z. B. dazu führen, dass der eigentlich mit geringerem Risiko tätige Bauunternehmer aufgrund eines nicht versicherungsmathematisch ermittelten Prämienanteils einen höheren Aufwand hat.

• wird Streit nur in begrenztem Umfang vermieden werden. Ergibt sich im Versicherungsfall eine Regressmöglichkeit gegen einen anderen Baubeteiligten, wird der Versicherer zur Beweissicherung auf entsprechende Maßnahmen nicht verzichten und seine Ansprüche gegen Mitversicherte (klageweise) durchsetzen. Nicht nur aus Wettbewerbsgründen (Prämien), sondern auch im Interesse der bei dem Versicherer versicherten Gemeinschaft der Versicherten wird die Mitversicherung fremder Interessen nicht dazu führen, dass ein Versicherer auf Regressmöglichkeiten verzichtet. Streit wird lediglich verlagert.

• können im Einzelfall Nachteile dadurch entstehen, dass bei Ausschöpfen der Deckungssummen durch einen Baubeteiligen für die weiteren Baubeteiligten kein Versicherungsschutz bzw. jedem Baubeteiligten nur anteiliger Versicherungsschutz zur Verfügung steht. Soweit ein mitversicherter Baubeteiligter auf Versicherungsschutz vertrauen durfte, welcher „durch“ den Versicherungsnehmer zu besorgen war, und der aufgrund einer Ausschöpfung der Deckungssummen nicht erreicht wird, sind Streitigkeiten vorprogrammiert.

• können aufgrund unterschiedlicher Verjährungsregelungen und der Bündelung verschiedener Deckungskonzepte, insbesondere im Bereich der Nachhaftung, Deckungslücken entstehen, woraus Auseinandersetzungen im Innenverhältnis folgen.